Die Junge Akademie Schweiz vernetzt Nachwuchsforschende aus verschiedensten Wissenschaftsbereichen und bildet ein inspirierendes Umfeld für inter- und transdisziplinäre Begegnungen und innovative Ideen. Die Mitglieder sind Ansprechpartner:innen für die Schweizer Wissenschaft und gelten als die junge Stimme der Akademien der Wissenschaften Schweiz. Mehr

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Frisch gewählt, jung – die ersten Mitglieder der Jungen Akademie Schweiz

Wie frei werden sich die insgesamt 29 gewählten «High Performer» in der Jungen Akademie entfalten können? Welche Rolle wird dabei ihre Begegnungskultur spielen? Die kollektive Intelligenz darf in keinem Fall ignoriert werden. Inwiefern bietet die Junge Akademie einen Rahmen, um wissenschaftliche Ideen in ungewöhnliche, neue Richtungen zu lenken? Silvie Cuperus und Anna-Katharina Ehlert im O-Ton. Wie sich die zwei Beirätinnen der Jungen Akademie Schweiz über die Wahl der jungen Forschenden unterhalten.

Aufgezeichnet durch | Franca Siegfried


Anna-Katharina Ehlert:
Silvie, hast du die Pressemitteilung schon gelesen? Die 29 Mitglieder der Jungen Akademie, die wir als Beirat vorgeschlagen haben, sind vom Vorstand der Akademien der Wissenschaften Schweiz definitiv gewählt worden.

Silvie Cuperus: Welch eine Vielfalt von Persönlichkeiten, die sich in der «First Class» der Jungen Akademie versammelt! Mein grösster Wunsch ist, dass diese 29 Menschen gut zusammenarbeiten werden. Mit ihrem Beitrag können sie die Wissenschaftskultur positiv beeinflussen und ihre Forschungsgebiete in einen grösseren Zusammenhang stellen. Sie werden bestimmt auch vertieft über ihre gesellschaftliche Bedeutung als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachdenken.

Anna-Katharina Ehlert: Wir haben tolle Kandidatinnen und Kandidaten mit unterschiedlichen Hintergründen, aus diversen Sprachregionen. Ein guter Mix, würde ich behaupten. Ich bin neugierig, welche Dynamik sich in der Gruppe entwickeln wird. Es sind auch nicht einzelne Persönlichkeiten, die in ein neues Umfeld kommen. Nein, alle sind neu, frisch und werden die Junge Akademie prägen.

Silvie Cuperus: Wir haben geholfen, die Junge Akademie Schweiz aufzubauen und können jetzt die Weiterentwicklung beobachten.

Anna-Katharina Ehlert: In einer MIT Studie aus dem Jahr 2010 konnte zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass eine kollektive Intelligenz existiert. Sie ist jedoch nicht abhängig von der durchschnittlichen Intelligenz der Gruppe, auch nicht von den Klügsten – so würde man erwarten. Sie ist auch nicht abhängig von Hierarchien. Das Wichtigste für eine kollektive Intelligenz sind Menschen, die sich in der Gruppe aufgehoben fühlen, dadurch frei sind und all ihre Gedanken und Ideen aussprechen dürfen. Es braucht eine Begegnungskultur, die es erlaubt, sich in einer Gruppe emotional aufgehoben zu fühlen.

"Das Wichtigste für eine kollektive Intelligenz sind Menschen, die sich in der Gruppe aufgehoben fühlen, dadurch frei sind und all ihre Gedanken und Ideen aussprechen dürfen."

Silvie Cuperus: Dazu braucht es einen stabilen, gesicherten Rahmen. Es darf jedoch in der Gruppe keine Konkurrenzsituation entstehen. Natürlich kann man sich kritisch fragen, ob das im Fall der Jungen Akademie Schweiz möglich ist: Bewusst haben wir talentierte, junge und motivierte Menschen zur Wahl vorgeschlagen, die einen exzellenten Leistungsausweis haben…

Anna-Katharina Ehlert: «High Performer»!

Silvie Cuperus: Werden sich diese «High Perfomer» frei entfalten können ohne, dass sie ihren Leistungsdrive einschalten werden? Also weg vom «Input Factor» und «Publish or Perish»-Gedanken.

Anna-Katharina Ehlert: Unter den «High Perfomern» sind ja bestimmt sowohl «Introvertierte», wie auch «Extrovertierte» vertreten. Wichtig ist uns, dass die Kandidatinnen und Kandidaten bereit sind, inter- und transdisziplinär zu arbeiten. Zudem müssen sie andere Perspektiven einnehmen können und natürlich team- und dialogfähig sein. Das lässt sich in einem Lebenslauf schlecht oder kaum ablesen. Wichtig ist für die kollektive Intelligenz, wie «Introvertierte» beim offenen Dialog in der Gruppe aufgehoben sind. Das hängt allein davon ab, ob Mitglieder der Gruppe genügend «Social Skills» für eine reife, offene Begegnungskultur mitbringen.

Silvie Cuperus: Eine offene Begegnungskultur zu pflegen ist in Corona-Zeiten leider eingeschränkt. Das virtuelle Setting wird zum gesellschaftlichen Experiment: Wird es so gut funktionieren, wie eine persönliche Begegnung? Wenn man etwa zusammen an einem Tisch sitzen und gemeinsam essen könnte?

Anna-Katharina Ehlert: Die 29 müssen sich vorerst im virtuellen Raum treffen und ihre ersten «Bonds» bilden.

Silvie Cuperus: Die jungen Forschenden sind sicher versierte «Digital Natives».

Anna-Katharina Ehlert: Die aktuelle Situation in der Pandemie kann aber auch Chancen bieten. Beispielsweise hoffe ich, dass die Akzeptanz der Wissenschaft innerhalb der Gesellschaft zunimmt. Wir sehen: es braucht ein Set von Expertinnen und Experten, die zusammen nach Lösungen suchen – nur so lässt sich ein solches Virus bekämpfen. Die Politik formuliert unter anderem mithilfe des wissenschaftlichen Inputs mögliche Lösungen und entscheidet dann, was zu tun ist. Eine bessere Akzeptanz für die Wissenschaften als Teil der Gesellschaft könnte die Bereitschaft steigern, die Junge Akademie Schweiz zu fördern, und ihr eine langfristige finanzielle Basis schaffen.

"Eine bessere Akzeptanz für die Wissenschaften als Teil der Gesellschaft könnte die Bereitschaft steigern, die Junge Akademie Schweiz zu fördern, und ihr eine langfristige finanzielle Basis schaffen."

Silvie Cuperus: In diesem Sinn denkst du, dass die Junge Akademie Schweiz auch auf politischer Ebene wahrgenommen wird. Als Netzwerk, nach einer gewissen Zeit auch als Institution, die zur Lösung von Problemen beiträgt und der Politik beratend zur Seite steht?

Anna-Katharina Ehlert: Genau! Das wäre das Beste, was geschehen könnte.

Silvie Cuperus: Es ist nur zu hoffen, dass es keine Konkurrenzsituation bezüglich der Themensetzung gibt. Die Gruppe muss zu einem Konsens für nachhaltige Beiträge finden. Das wird spannend, wie Themen in den Fokus kommen werden, die in den etablierten Akademien der Wissenschaften Schweiz noch nie behandelt wurden.

Anna-Katharina Ehlert: Frische Themen, neue Lösungen, an die noch kein Mensch dachte. Also sind wir auch wieder bei der Begegnungskultur, die wichtig ist, um die Gedanken in ganz neue Richtungen zu lenken. Und dafür braucht es einen stabilen, gesicherten Rahmen, der gleichzeitig ein Ort ist, an dem fast alles möglich ist – die Junge Akademie Schweiz.

Biografie Dr. Silvie Cuperus

Dr. Silvie Cuperus leitet heute Communication & Events für Life Science Zurich (LSZ). Die gemeinsame Plattform der Universität und ETH Zürich fördert Spitzenforschung, internationale Ausbildung und wirtschaftliche Innovation im Bereich Life Sciences. Zum Aufgabenbereich gehört etwa auch die Information einer breiten Öffentlichkeit über die Wissenschaft. Cuperus hat Lebensmittelchemie an der ETH Zürich studiert und eine Dissertation für Lebensmitteltechnologie an der ZHAW geschrieben. Ihr Wissen über Forschungsmanagement vertiefte sie an der Universität Bern mit dem Certificate of Advanced Studies in Research Management (2015 – 2017).

Biografie Anna-Katharina Ehlert

An der ETH Zürich studierte Anna-Katharina Ehlert Lebensmittelwissenschaften, danach vertiefte sie sich in die Mikrobiologie und absolvierte ein zweites ETH-Studium. Journalistische Erfahrungen sammelte sie sowohl beim Radio und Fernsehen – beim SRF – als auch bei den Printmedien von Tamedia. Einblicke in Forschungsförderung und Wissenschaftspolitik bekam sie als Assistentin der Direktorin des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Heute engagiert sie sich als Vorstandsmitglied von reatch – research and technology in switzerland. In einem Biotech-Unternehmen in Schlieren arbeitet Anna-Katharina Ehlert wissenschaftlich, redaktionell wie auch als Applikationsspezialistin.

Kontakt

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Laupenstrasse 7
Postfach
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